Einige Eltern sind verunsichert, wenn es darum geht, ihre Kinder zweisprachig aufwachsen zu lassen. Die grösste Sorge dabei ist, dass die Kinder die Sprachen vermischen und keine der beiden „richtig“ sprechen, oder sogar, dass ihre schulischen Leistungen darunter leiden könnten. Bis in die 70er Jahre hinein dachte man tatsächlich, frühe Mehrsprachigkeit würde Kinder überfordern und zu Defiziten in Spracherwerb und Entwicklung führen. Diese Ansichten sind aber längst überholt. Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass Zwei- und Mehrsprachigkeit sich positiv auf die kognitive Entwicklung der Kinder auswirkt.
Zweisprachigkeit ist demnach für die kognitive Entwicklung Gold wert. Sie vermehrt und stärkt die neutralen Verbindungen im Gehirn und verbessert Merkfähigkeit und Konzentration. Beispielsweise können sich Kinder, die zweisprachig aufwachsen, nachweislich stärker auf bestimmte Informationen konzentrieren und gleichzeitig weniger relevante Dinge ausblenden (Baker 2006).
Vorteile der frühen Zweisprachigkeit
Zweisprachig aufwachsende Kinder verfügen über die abstrakte Fähigkeit, ihre Aufmerksamkeit auf die Grammatik ihrer eigenen Sprache zu lenken und über sie zu reflektieren. Diese Fähigkeit wird Metalinguistisches Bewusstsein genannt. Daraus folgt ein besseres Wortbewusstsein und ein besseres Verständnis der Beziehung zwischen Worten und ihren Bedeutungen (Bialystok 2001).
Ein weiteres Phänomen nennt sich Mentale Flexibilität. Diese äussert sich im sogenannten divergenten Denkvermögen. Divergentes Denken bedeutet flüssiges, originelles Denken und Kreativität.
Wenn ein Kind von Geburt an zweisprachig aufwächst, muss es zwischen den beiden Sprachen hin- und herwechseln (Code-Switching beim eine Person – eine Sprache-Ansatz, Döpke 1992). Um von der einen zur anderen Sprache zu wechseln, muss das Kind die jeweils andere Sprache unterdrücken. Dadurch erwirbt es die sogenannte Kognitive Kontrollfähigkeit (Bialystok 2001, 2006).
Selektive Aufmerksamkeit: Zweisprachig aufwachsende Kinder können sich besser auf bestimmte Informationen konzentrieren und dabei weniger Wichtiges ausblenden (Baker 2006).
Sprach-und Kontrollfähigkeit: Hier geht es um die kognitive Vernetzung und Speicherung von Informationen im menschlichen Gehirn. Bilinguale sind zum Beispiel während ihrer Sprachverwendung kognitiv stärker herausgefordert als Monolinguale, weil beide Sprachen aktiv sind und bei der Sprachproduktion und deren Vorbereitung eine wichtige Rolle spielen (Festman et al. 2010).
Allerdings…
…betrachten es die meisten Experten eher kritisch, wenn Eltern ihre Kinder in einer Sprache erziehen, die nicht ihre Muttersprache ist. Die Qualität des Sprechens ist dabei nicht einmal ausschlaggebend. Denn auch wenn wir eine Fremdsprache gut beherrschen, ist unser Wortschatz meist kleiner. Vor allem aber ist es nicht einfach, ein solches Vorhaben auch durchzuziehen. Sprache schafft eine emotionale Verbindung, und Eltern empfinden es deshalb häufig als schwierig, mit ihren Kindern eine Sprache zu sprechen, die nicht ihre Muttersprache ist. Es ist wichtig, kindgerecht zu sprechen, mit einer singenden Satzmelodie und in einfachen Wörtern und Sätzen. Das ist nicht leicht, wenn man selbst die Sprache nicht schon in der Kindheit gelernt hat.
Förderung in diesem Bereich kann trotzdem ganz leicht gelingen, …
…wenn die Eltern viel mit den Kindern reden, einfach in ihrer Muttersprache. So erhalten die Kinder die besten Voraussetzungen dafür, später leichter weitere Sprachen lernen zu können.
Ich habe mehrsprachige Kinder und gebe seit Jahren diverse Kurse für Eltern zur Sprachentwicklung/Mehrsprachigkeit (bin z.B. Leseanimatorin SKJM) etc. Ich finde die Babyzeichensprache ein geniales Instrument, um die Mehrsprachigkeit zu Unterstützen. Sie gibt den Kindern eine Brücke zwischen den Sprachen und hilft mir als Elternteil die ersten mehrsprachigen Sprachversuche meines Kindes besser zu verstehen. Weil auch wenn wir “onepersononelanguage” anwendeten, wählten meine Kinder als Babies/Kleinkinder ihre ersten Worte anhand der Einfachheit und nicht anhand der Person mit welcher sie sprachen. Ich spreche nahezu perfekt Englisch aber Baby-englisch hat mich schon recht gefordert, dank der Babyzeichen war aber immer klar, was sie meinten…:-)
Vielen Dank für deinen Input, Karin!
Spannend, wie die Babyzeichensprache die Mehrsprachigkeit unterstützen kann!