Ja, es gibt sie: Echte Freundschaften zwischen Müttern und Nicht-Müttern
Ich weiss schon gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so einen Lachanfall hatte. Sie wissen schon, einen, bei dem man so sehr lachen muss, dass einem die Wangen wehtun, die Augen sich mit Tränen füllen und es am nächsten Tag garantiert einen Muskelkater im Bauch gibt. Mir gegenüber sitzt meine Freundin, die sich vor Lachen fast unter den Tisch kringelt.
So kommt es inzwischen jedes Mal, wenn wir uns treffen. Es fängt ganz harmlos an, wir sitzen im Café oder schlendern durch die Stadt. Und irgendwann passiert etwas Schräges, manchmal ist es auch bloss ein Wortdreher, und schon geht es los: Wir bekommen einen derartigen Lachflash, dass wir uns kaum anzusehen wagen aus Angst, beim nächsten Blickkontakt laut loszuprusten wie zwei Teenies im Schulunterricht.
Wir können aber auch seriös. Wir verstehen uns blind, und das, obwohl unsere Lebenssituationen unterschiedlicher nicht sein könnten: Ich bin dreifache Mutter, sie hat keine Kinder. Und wenn ich gerade ziemlich umständlich versuche, den Begriff «kinderlos» zu vermeiden, dann liegt das daran, dass ich ihn nicht besonders mag. Er hat für mich etwas Defizitäres, als seien Frauen nur mit Kindern vollwertig. «Kinderfrei» dagegen klingt, als seien Kinder eine Bürde. Der Graben zwischen Müttern und Nicht-Müttern ist tief. Auch deshalb hatte ich, bevor ich diese Frau kennenlernte, eine gute Freundschaft in dieser Konstellation kaum für möglich gehalten.
Mütter vs. Nicht-Mütter
Dieser Graben beginnt sich selbst in den besten Frauenfreundschaften abzuzeichnen, sobald eine von beiden Mutter wird. Weil Freundinnen aus dem alten Leben nicht einmal erahnen können «wie es ist», fühlen wir uns häufig unverstanden. Sie scheinen oft von uns zu verlangen, dass wir einfach so weitermachen wie bisher. Und können uns manchmal das Gefühl geben, sie im Stich gelassen zu haben oder sowieso alles falsch zu machen.
Sie haben es mit uns aber auch nicht gerade leicht. Wir erwarten, dass sie unseren Nachwuchs genauso anhimmeln, wie wir das tun. Dass sie verstehen, wie viel sich wirklich ändert und wie verdammt schön und verdammt anstrengend es ist, Mutter zu sein. Weil es uns unmöglich ist, dieses Gefühlskarussell auch nur annähernd in Worte zu fassen, sagen wir resigniert Dinge wie «Das wirst du dann schon sehen, wenn du selbst Kinder hast». Und weil wir eben nicht nur Mutter, sondern auch Frau sind, sind wir doch oft ein bisschen neidisch auf die spontanen Städtetrips und langen Wochenenden im Bett.
Manche überstehen den Wandel recht unversehrt, mal bröckelt es, mal bricht der Kontakt ganz ab. Und es liegt in der Natur der Sache, dass wir uns zunehmend mit anderen Müttern anfreunden. Aber auch wenn wir uns nicht völlig voneinander entfremden, müssen wir uns doch bald eingestehen, dass die Beziehung zur Freundin aus dem alten Leben — zumindest vorübergehend— nicht mehr so intensiv ist wie früher.
Einfach eine Brücke geschlagen
Es gibt aber auch diejenigen Nicht-Mütter, die einem völlig unverhofft über den Weg laufen, wenn man selbst längst Kinder hat. So wie besagte Freundin, die mir nach jedem Treffen einen Lachmuskelkater beschert. Als wir uns kennenlernten, lebten wir schon in unterschiedlichen Welten. Aber wo zwischen Nicht-Müttern und Müttern so oft eine tiefe Schlucht klafft, haben wir einfach eine Brücke geschlagen.
Ich lausche ihren Erzählungen vom letzten Städtetrip und gönne ihr jede Minute. Sie hört mir zu, wenn ich von Familienurlauben, Geburten und Klassenzuteilungen berichte, ohne dabei genervt die Augen zu verdrehen. Und eben weil sie mir so zuwider waren, bevor ich selbst Mutter wurde, diese Anspielungen aus dem Elternuniversum à la «Du wirst schon sehen», habe ich mir geschworen, dass sie mir niemals über die Lippen kommen werden. Sie nimmt Anteil an meinem Leben und ich an ihrem, und obendrein haben wir unendlich viel Spass. Trotz oder vielleicht gerade wegen aller Unterschiede hatten wir wohl von Anfang an den perfekten Draht zueinander, um eine intensive Freundschaft entstehen zu lassen, die ich nie mehr missen will.
Dieser Betrag erschien ursprünglich im Mamablog des Tagesanzeigers.